Glockenläuten für alle Opfer der Pandemie

St. Petri|Samstag, 17.04.2021, 21:00 Uhr

Foto: Matthias Bode

Gemeinsames Gedenken für alle Opfer der Pandemie

Glocken im Kirchenkreis läuten am 17. April um 21 Uhr

Die Zahl macht fassungslos, gleichzeitig bleibt sie abstrakt und wird oft nur wie eine ansteigende Linie in einer Grafik wahrgenommen: Mehr als 75.000 Menschen sind seit Beginn der Pandemie in Deutschland an oder mit dem Corona-Virus gestorben. Angesichts der menschlichen Katastrophe, die hinter dieser Zahl steht, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für den 18. April zu einer nationalen Gedenkfeier aufgerufen: Die Gesellschaft müsse gemeinsam innehalten und Abschied nehmen.

Bereits für den Vorabend des 18. April rufen die evangelischen Gemeinden im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen zu einem gemeinsamen Gedenken auf: In Burgwedel, Langenhagen und der Wedemark läuten am 17. April um 21 Uhr für zehn Minuten die Kirchenglocken. Parallel dazu bitten die Kirchenvorstände und Pastor*innen alle Bewohner*innen darum, zur selben Zeit Lichter anzuzünden – in den Fenstern oder Vorgärten, an den Haustüren oder auch auf den Straßen als eine Art Lichterkette und verbindendes Symbol im Gedenken an alle Opfer der Pandemie. Auch in den Fenstern der Kirchen werden Kerzen aufgestellt und es werden dazu Gebete veröffentlicht.

„Seit Monaten erleben wir die seelische Belastung von Angehörigen, die kranke und alte Familienmitglieder nicht besuchen dürfen und nicht Abschied nehmen können, denen letzte Worte, Blicke und Begegnungen fehlen“, sagt Pastorin Silke Noorman aus der Kirchengemeinde St. Georg in Mellendorf. Um Verbundenheit mit allen Menschen, die unter diesen Bedingungen Abschied nehmen müssen, zu zeigen und der Verstorbenen zu gedenken, werden in den Kirchtürmen die Glocken läuten und zum Innehalten auffordern.

Bestatterin Brigitte Schustereit ist sehr froh über die Initiative der Wedemärker Pastor*innen, der sich fast alle Gemeinden im Kirchenkreis Burgwedel-Langenhagen angeschlossen haben: „Jeder Trauerfall unter Coronabedingungen stellt eine emotionale Zumutung für die Angehörigen dar“, sagt sie. „Sterbende bleiben allein und können oft nicht von ihren Angehörigen begleitet werden; Angehörige müssen um geliebte Menschen bangen.“ Hinzu komme, dass auch Trauerfeiern nur in einem stark eingeschränkten Rahmen stattfinden könnten. In einer solchen Situation könne es Betroffenen sehr helfen, Solidarität und ein gemeinsames Ritual zu erleben, ist Schustereit überzeugt.

Unterstützung erfährt das gemeinsame Gedenken auch durch Superintendent Holger Grünjes: „Wichtig ist mir, dass dieses Gedenken allen Opfern der Covid-19-Pandemie gilt: den Verstorbenen, den Trauernden und auch all denjenigen, die in der Pandemie nicht das Leben, aber vieles andere verloren haben oder gerade verlieren.“ Das Gedenken, das sich am Abend des 17. April im Glockenläuten und in den Lichtern äußere, werde das Sterben nicht aufhalten, könne aber Solidarität und Gemeinschaft stärken.

Dafür, dass das Gedenken sich nicht in einer einmaligen Aktion erschöpft, steht die Aktion „#lichtfenster“, zu der die evangelische Kirche gemeinsam mit dem Bundespräsidenten aufruft: An jedem Freitag stellen Gemeinden bei Anbruch der Dunkelheit zum Zeichen des Mitgefühls Lichter in ihre Fenster und sprechen Gebete für die Opfer der Pandemie.

Text: Andrea Hesse

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